Straßenausbaubeiträge: Ja oder Nein?

 

Straßenausbeiträge werden vielerorts kontrovers diskutiert. In Niedersachsen bestehen unterschiedliche Regelungen.

Der Rat der Hansestadt Uelzen hat am 18. Juni 2024 beschlossen, die Anliegerbeiträge für den Straßenbau zu halbieren. Je nach Einstufung der Straße verringert sich der Anteil auf 20 bis 37,5 Prozent an den Gesamtkosten. Derzeit zahlen Anliegende zwischen 40 und 75 Prozent. Zudem wird eine Verrentungsmöglichkeit für die Beiträge geschaffen: Auf Antrag wird eine zinslose, bis zu 20 Jahre mögliche Ratenzahlung gewährt. Die Finanzierung der verringerten Anliegerbeiträge erfolgt durch Erhöhung der Grundsteuern B. Eine Satzung mit diesen Regelungen soll zum 1. Januar 2025 vom Rat verabschiedet und gültig werden.

Das Thema ist komplex und vielschichtig. Hier werden häufige Fragen beantwortet und mögliche Argumente für und gegen das Erheben von Straßenausbaubeiträgen sowie Handlungsalternativen erklärt.

 

Was sind Straßenausbaubeiträge?

 

Die Straßenausbeitragssatzung ist im niedersächsischen Kommunalabgabengesetz geregelt. Dort ist festgelegt, dass Städte und Gemeinden Grundstücksbesitzende an den Kosten des Straßenausbaus beteiligen können. Im Allgemeinen werden Straßenausbaubeiträge von einer Kommune erhoben, wenn die Qualität einer Straße verbessert wird, diese neu gebaut oder erweitert wird. Reine Erhaltungsmaßnahmen gehören nicht dazu.

In der Straßenausbaubeitragssatzung muss geklärt werden:

  • in welcher Art und in welcher Höhe bestimmte Beiträge erhoben werden,
  • wer bei der Finanzierung betroffen wird,
  • welche anderen Faktoren in die Höhe der Straßenausbaubeiträge einfließen.

Straßenausbaubeiträge in der Hansestadt Uelzen

 

Die Hansestadt Uelzen hat eine gültige, verbindliche Straßenausbaubeitragssatzung. Danach werden Grundstückbesitzende an den Kosten des Straßenausbaus beteiligt.

Der Anliegeranteil ist abhängig vom jeweiligen Anliegervorteil festgelegt. Er beträgt derzeit bei reinen Anliegerstraßen 75 Prozent und bei Durchfahrtsstraßen zwischen 30 bis 60 Prozent für Fahrbahn, Nebenanlagen und Straßenbeleuchtung.

Argumente von Befürwortern und Gegnern von Straßenausbaubeiträgen

 

PRO Beiträge:

  • Ein verlässliches Finanzierungsmodell.
  • Die Lasten tragen im Wesentlichen diejenigen, denen auch die (wirtschaftlichen) Vorteile zugutekommen.
  • Sozialbindung des Eigentums (Eigentum verpflichtet Art. 14 GG).
  • Der Anliegeranteil ist durch die Satzung am Verkehr angepasst bemessen. Es wird überprüft, welcher Verkehr (Durchgangsverkehr, Schwerverkehr, etc.) die Straßen belastet.
  • Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge kann nur zu einem bestimmten Stichtag erfolgen. Jeder Stichtag löst Ungerechtigkeiten aus. Die eine Gruppe hat für ihren Straßenausbau bereits Beiträge gezahlt („Doppelzahler“), die andere Gruppe wird von der Belastung befreit.
  • Im Fall einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge könnten Verteilungskonflikte um knappe städtische Finanzmittel folgen und die Erwartungshaltung – bei höherer Grundsteuer für alle – zum Ausbau der eigenen Straßen steigen.
  • Werden Straßenausbaubeiträge durch die Grundsteuererhöhung ersetzt, findet eine Umlegung der Kosten auf Mieter statt (damit auf möglicherweise finanziell schlechter Gestellte).
  • Körperschaften (Bund, Berufs-, Industrie- und Handelskammern, Land, Gemeinde, Kirchen) sind grundsteuerbefreit und würden aus der Finanzierung über Grundsteuer herausgenommen. Die Gesamtbelastung der Bürgerinnen und Bürger stiege an.

 

KONTRA Beiträge:

  • Die Straßenschäden werden überwiegend nicht von den Anliegern verursacht, sondern vom Schwer- oder Durchgangsverkehr.
  • Die Allgemeinheit und auch Mieter nutzen die Straßen.
  • Hohe Summen für Straßenausbaubeiträge, die auf den Einzelnen zukommen können. Besondere Belastung möglicherweise für junge Familien und Senioren. Unmut bei Betroffenen.
  • Wenig Einfluss auf Gestaltung sowie Zeitpunkt der Baumaßnahme trotz der direkten finanziellen Beteiligung.
  • Hoher Verwaltungsaufwand für die Berechnung und Umlegung der Kosten.
  • In Niedersachsen erheben inzwischen weniger als 50 Prozent der Gemeinden Straßenausbaubeiträge. Viele Bundesländer verzichten auf Straßenausbeiträge.
  • Alternative Finanzierungsmöglichkeiten könnten genutzt werden.
  • Streit und Klageverfahren um kommunale Straßenunterhaltung gehen zurück.
  • Bei Anliegern von Bundes-, Land- und Kreisstraßen werden für die Fahrbahn bereits keine Beiträge erhoben.

 

Gibt es Handlungsalternativen?

Wenn Straßenausbaubeiträge abgeschafft oder verringert werden, braucht es tragfähige und nachhaltige Alternativen, damit der Straßenausbau in der Kommune weiterhin finanziert und sichergestellt werden kann.

Ob und welcher Umfang von Ausbaubeiträgen als gerecht, zeitgemäß oder fair verteilt gesehen wird, ist im demokratischen Meinungsbildungsprozess zu beantworten. Die politischen Gremien der Hansestadt entscheiden über Straßenausbaubeiträge.

 

Handlungsalternativen zu Straßenausbeiträgen kurz erklärt:

Grundsteuererhöhung

 

Werden Straßenausbaubeiträge abgeschafft und die Grundsteuer erhöht, müssten beispielsweise Eigentümer eines Einfamilienhauses derzeit statt 500 Euro dann 620 Euro Grundsteuer zahlen. Das Beispiel berücksichtigt nicht, dass sich die Einheitswerte ab 2025 ändern und dass Baukosten steigen können.

ABER: Zweckgebundene Rücklagen zugunsten von Straßenbaumaßnahmen sind nicht möglich, wenn die Kommune im Haushalt Fehlbeträge ausweist. Dies ist bei der Hansestadt der Fall und in der mittelfristigen Finanzplanung rechnet die Stadt mit weiteren Fehlbeträgen. Bedeutet: Die Hansestadt Uelzen kann – möglicherweise im Gegensatz zu anderen Kommunen mit Überschüssen – keine zweckgebundenen Rücklagen bilden. Möglicherweise gehen dem Straßenausbau damit künftig andere notwendige Investitionen vor.

Verminderung der Anliegerbeiträge

 

Die Straßenausbaubeiträge sind angepasst an die Art des Verkehrs, der durch die betroffene Straße fährt. Über eine weitere Verminderung der Anliegerbeiträge könnte entschieden werden.

Eine mögliche Alternative wäre, die Straßenbeleuchtung aus der Beitragspflicht zu nehmen. Auch hier müsste eine andere Finanzierung gefunden werden.

Wiederkehrende Beiträge

 

Wiederkehrende Beiträge stellen in der Hansestadt bisher maßgeblich aus Gründen der Rechtssicherheit keine Alternative da. Der wesentliche Unterschied zu einmaligen Straßenbeiträgen ist, dass hier nicht nur die direkt von einer Straßenbaumaßnahme betroffenen Grundstückseigentümer, sondern alle in einer Abrechnungseinheit (ein bestimmtes Gebiet) werden zu einer Zahlung eines Beitrages herangezogen. Vereinfacht erklärt: Mehr Grundstückeigentümer zahlen, werden öfter herangezogen, aber es entsteht eine Belastung über mehrere Jahre.