Aus dem Archiv

Aus dem Archiv: Die Folgen der Hyperinflation im Herbst 1923 in Uelzen

In Deutschland entwickelte sich, bedingt durch Kriegswirtschaft, Nachkriegssituation und den Auseinandersetzungen um Reparationszahlungen, eine Inflation, die sich im Herbst 1923 zur Hyperinflation ausweitete. Die deutsche Regierung versuchte, wie bereits in den Jahren zuvor, ihren zahlreichen Zahlungsverpflichtungen mit einer Ankurbelung der Notenpresse nachzukommen. Als Folge gerieten immer mehr Menschen aufgrund der allgemeinen Verteuerung in Not. Auch im Landkreis Uelzen wuchs die Sorge um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung im anstehenden Winter sowie um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Strom-, Wasser- und Gaspreis Oktober 1923

In Uelzen kam es zwar nicht zu Ausschreitungen wie beispielsweise in den benachbarten Großstädten Hannover und Hamburg. Aber dennoch wurde die Uelzener Einwohnerschaft zunehmend unruhig und reagierte besonders bei den ansteigenden Preisen für Gas, Wasser und Strom und der Handhabung der Abrechnung der städtischen Betriebswerke vielfach mit großer Empörung. So änderten sich die Tarife ständig und die Verbraucher hatten die jeweils neu festgelegten Gebühren dann auch rückwirkend zu zahlen. Dies hatte zur Folge, dass beispielsweise ein Bürger für seinen Strom bei gleichem Verbrauch möglicherweise mehr zu zahlen hatte als sein Nachbar, bei dem der Strom einen Tag eher abgelesen worden war. Mittlerweile waren nicht nur die „klassischen“ einkommensarmen Bevölkerungsgruppen wie Alte, Kranke und Arbeitslose von Existenznöten bedroht, sondern die Not grub sich tief in die bürgerliche Mitte hinein. „In sehr ungemütlicher Stimmung befanden sich gestern die Abnehmer unserer städtischen Betriebswerke bei der Präsentation der neuesten Rechnungen. Noch nie ist es an der Zahlstelle so lebhaft zugegangen wie diesmal.  Zu dem Unmut über die undenkbar gesteigerten Preise gesellte sich das Murren wegen der Form des diesmaligen Übergangs vom alten zum neuen Tarif. Wer das Glück hatte, rechtzeitig abgelesen zu bekommen, der bezahlte den alten Tarif, in allen anderen Fällen mussten die neuen Milliardensätze entrichtet werden. Die beauftragten Beamten, Zähler und Kassierer können an diesen Verhältnissen nichts ändern, sich mit ihnen in erregte Diskussionen einzulassen, hat also gar keinen Zweck. Andererseits sind die Zwischenfälle ein neuer Beweis dafür, dass selbst unsere braven Bürger angesichts der immer unleidlicher werdenden Verhältnisse aus dem Gleichgewicht geraten.“ (AZ vom 25.10.1923).

Quellen:
Stadtarchiv Uelzen, II H Fach 134/9, Städtische Werke, Verschiedenes.
Ausgabe der Allgemeinen Zeitung vom 25.10.1923