Aus dem Archiv

Aus dem Archiv: Richtfest des Turmes von St. Marien am 16.06.1954

Foto: Stadtarchiv Uelzen - Der Turm von St. Marien vor dem Richtfest im Jahre 1954Der Turmhelm des Turms der St.Marien-Kirche war kurz vor dem Einmarsch der alliierten Truppen bei dem Kampf um Uelzen im April 1945 zerstört worden. Aufgrund der schwierigen Nachkriegssituation war an einen schnellen Wiederaufbau nicht zu denken, auch wenn bereits 1946 unter Propst von Issendorf eine Bauhütte für den Turm eingerichtet wurde. In den ersten Nachkriegsjahren musste man sich mit einer vorläufigen Sicherung der Bausubstanz begnügen. So wurde die ungedeckte Dachfläche zunächst mit einem Flachdach abgedeckt, um das Gebäude vor dem Wettereinfluss zu schützen. Der Wiederaufbau des Turmes an sich war nicht nur für die Kirche eine Herzensangelegenheit. Große Teile der Uelzener Bevölkerung empfanden den imposanten Kirchturm, der schon nach dem großen Stadtbrand von 1646 erneuert worden war, als Wahrzeichen der Stadt. Doch die Umsetzung zog sich wegen der hohen Kosten in die Länge. Für die Planung von Finanzierung und Bau wurde eine Arbeitsgemeinschaft aus Vertretern von Kirche und Stadt gegründet. Bevor die eigentlichen Aufbauarbeiten des Turmes überhaupt beginnen konnten, war eine Verstärkung des Fundamentes notwendig. Im Februar 1952 wurden schließlich die verschiedenen Entwürfe des Turmes der Öffentlichkeit präsentiert, über die in Folge viel diskutiert wurde. Der von der Prüfungskommission der Arbeitsgemeinschaft favorisierte Entwurf des Regierungsbaurates Prendel aus Hannover wurde von etlichen Uelzener Bürgern aufgrund der leicht veränderten Form kritisiert. Die endgültige Gestaltung war dann letztlich eine „Formensynthese“ der Preisträger der Ausschreibung, also der Entwurf Prendel sowie die Entwürfe der Architekten Steinborn aus Hildesheim und Schlockermann aus Uelzen. Aber nicht nur die neue Gestalt des Turmhelmes war umstritten, sondern offensichtlich war die Kritik an den hohen Kosten in Zeiten des Wohnungsmangels und sozialer Not nie ganz verschwunden. Noch beim Richtfest des Turms betonte Stadtrat Busch als städtischer Vertreter, dass die angesetzten Gelder für den Wiederaufbau zweckgebunden und damit nicht für den Wohnungsbau verwendbar gewesen seien. Darüber hinaus handele es sich beim Wiederaufbau des Turmes um eine wichtige städtebauliche und kulturelle Maßnahme, die angesichts der Nähe zur Grenze (zur DDR) zusätzlich an Bedeutung gewinnen würde. Das Richtfest wurde dann unter großer Anteilnahme in traditioneller Weise begangen. Nach Liedern der Gemeinde, Ansprache von Propst Dr. Ernst Strasser und Grußwort vom stellvertretenden Bürgermeister Adolf Hochgraefe, trugen die Zimmergesellen, begleitet von sieben Mädchen, die Richtkrone zum Kirchplatz, um sie anschließend unter Geleitsprüchen an die Turmspitze zu bringen. Mit dem Spruch des Architekten und feierlichen Glockengeläut wurde der Festakt beendet. Die Kosten für die Wiederherstellung wurden auch durch Spenden und Kollekten gedeckt. Die Stadt Uelzen übernahm die Finanzierung der Hälfte eines Darlehns des Landeskirchenamts in Höhe von 50.000 Mark.

Quellen und Literatur:
Stadtarchiv: II F Kirchensachen Fach 111 Nr. 5.
Allgemeine Zeitung vom 18. Juni 1954.
Egge, Reimer, …Mit Einverständnis der Militärregierung… Uelzen 1945-1955, Uelzen 1994, S. 159.
Schröder, Ulrich: Vor siebzig Jahren: St. Marien bekommt einen neuen Helm, in: Heimatkalender für
Stadt und Kreis Uelzen 1924, S. 31-33.
Tamcke, Martin, Die St.-Marien-Kirche zu Uelzen, Uelzen 1995.
Foto: Stadtarchiv Uelzen