Aus dem Archiv

Aus dem Archiv: Schließung des Flüchtlingslagers Uelzen 1949

Die Schließung des Flüchtlingslagers Uelzen - Bohldamm am 9. Juli 1949

Im September 1945 wurde von der britischen Militärregierung das Flüchtlingslager Uelzen-Bohldamm in der Gemeinde Veerßen eingerichtet. Als reines Durchgangslager diente die Einrichtung bis zum Frühjahr 1947 der Aufnahme, Registrierung, Weiterleitung sowie Verteilung von etwa 1,3 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Daran anschließend durchliefen bis 1963 etwa 765.000 Menschen aus der Sowjetischen Besatzungszone und später der DDR das Lager. Das Lager hatte ab 1947 die Hauptaufgabe, politisch verfolgte Flüchtlinge von den übrigen Zuwanderern aus Ostdeutschland zu unterscheiden.

Der Ort war aufgrund seiner günstigen Verkehrsanbindung ausgewählt worden. Im Oktober wurde dort die Arbeit aufgenommen, Ende 1945 hielten sich im Lager Uelzen zwischen 5- 8000 Flüchtlinge auf.  Allerdings kamen in der folgenden Zeit mehr Menschen in Uelzen an als ursprünglich erwartet. Allein zwischen Mai 1946 und September 1947 erreichten etwa 800.000 Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten das Flüchtlingslager am Bohldamm. Viele der Flüchtlinge blieben im Kreis Uelzen. Es bereitete große Schwierigkeiten, die vielen Menschen zu ernähren und unterzubringen.

Foto: Stadtarchiv Uelzen

Die Situation im Kreis Uelzen war nicht einfach, und sie blieb in der folgenden Zeit schwierig, denn der Flüchtlingsstrom brach nicht ab. 1947 wurde die politische Verhärtung zwischen der Sowjetunion und den Westmächten immer deutlicher, was sich auch in der Wanderungsbewegung von Ost- nach Westdeutschland niederschlug und in Niedersachsen mit seiner langen Grenze zu Ostdeutschland besonders spürbar war. Bereits in diesem Jahr kamen mehr Menschen aus dem sowjetisch besetzten Teil Deutschlands als Vertriebenentransporte in Uelzen an. Am 6. Mai 1947 wurde daher die erste westdeutsche Asylrechtsregelung für Zuwanderer aus Ostdeutschland erlassen. Diese sah nur eine Aufnahme von Flüchtlingen vor, die in Ostdeutschland politisch verfolgt wurden oder als humanitärer Härtefall einzustufen waren.

Dennoch ließen sich die Menschen von derartigen Regelungen nicht von der Flucht abhalten und hielten sich notfalls auch „illegal“ in Westdeutschland auf. Für den Kreis Uelzen bestand allerdings das zusätzliche Problem, dass sich die einzelnen Länder nicht auf eine Verteilung der Flüchtlinge einigen konnten, viele der von Uelzen kommenden Menschen einfach zurückgeschickt wurden. 1948, im Jahr der Währungsreform, sollte die Flüchtlingsbewegung aus Ostdeutschland in Uelzen ihren Höhepunkt erreichen. Mehr als 100.000 Menschen kamen in dieser Zeit im Lager an. Die Situation im Lager nahm dramatische Formen an. Heinrich Albertz, seit 1948 erster Flüchtlingsminister in Niedersachsen, versuchte diesen unhaltbaren Zustand zu bekämpfen.  In einer spektakulären Aktion betrieb er die Schließung des Lagers im Sommer 1949 und konnte bereits nach zwei Tagen während einer Tagung in Uelzen eine vorläufige Regelung der Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer der ehemaligen Bi-Zone bewirken. Allerdings erfolgte eine Begrenzung der Aufnahme, Nichtaufgenommene sollten zurückkehren. Die Uelzener Entschließung sah eine Aufnahmebegrenzung von monatlich 2840 Menschen vor. Dass dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein konnte, war bei so vielen Flüchtlingen mehr als deutlich. Heinrich Albertz drängte daher auch schon bald auf eine bundesdeutsche Lösung, die mit Verabschiedung des Notaufnahmegesetzes 1950 umgesetzt werden konnte.

Quellen:

Böttcher, Christine: Das Notaufnahmelager Uelzen-Bohldamm 1945-1963, Uelzen 2009 (Schriftenreihe zur Zeitgeschichte Bd. 3, hrsg. v. Geschichtswerkstatt Uelzen e.V.).

Hoffrichter, Arne: Verwaltung, Politik, Geheimdienste. Das Notaufnahmelager Uelzen-Bohldamm im Prozess der Zuwanderung aus SBZ und DDR 1945-1963, Göttingen 2018.

Gedenktafel für das Flüchtlingslager am Bohldamm.